Softwareentwicklung

Barrierefreie Webseiten

Was bedeutet barrierefrei, wer ist betroffen und wie gestaltet sich der Weg zur Barrierefreiheit?

Lesezeit 6 min.

Aktualisiert am 01.08.2024
#Barrierefreiheit#Webseite

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Philipp Erler

IT-Projektleiter

Barrierefreie Webseiten gewährleisten einen diskriminierungsfreien Zugang zu Informationen und Dienstleistungen im Internet. Insbesondere sollen Menschen mit eigenschränkten körperlichen oder technischen Fähigkeiten ein voller Zugang zu Online-Angeboten ermöglicht werden. Zentrale Standards sind hierbei die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0). In diesem Beitrag erfahren Sie, worauf es bei der Entwicklung von barrierefreien Webseiten ankommt, warum diese wichtig sind und welche Schritte bis zu einer barrierefreien Webseite notwendig sind.

Was sind barrierefreie Webseiten?

Als barrierefrei gelten Webseiten, wenn sie für alle Benutzer zugänglich und nutzbar sind, einschließlich Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen. Dazu gehören verschiedene Beeinträchtigungen wie visuelle, auditive, motorische oder kognitive Einschränkungen. Ziel ist die Beseitigung oder Minimierung sämtlicher Hindernisse, die die Nutzung von Informationen oder Diensten für bestimmte Nutzergruppen einschränken. Eine barrierefreie Webseite ermöglicht diesen, indem sie Standards wie die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und in Deutschland die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) umsetzt. In diesen Standards sind technische, redaktionelle und auch organisatorischen Rahmenbedingungen vereinheitlich. Werden diese Standards umgesetzt, werden Inhalte und Funktionen einfacher, verständlicher und semantisch angereicherter angeboten. Konkret heißt dies beispielsweise, dass der Inhalt eines Fotos oder Videos textlich beschrieben wird, so dass so visuell eingeschränkte Menschen den Text vorlesen lassen können. Personen mit eingeschränkten Sprachkenntnissen können beispielsweise spezielle Inhalte in einfacher Sprache angeboten werden.

WCAG und die BITV 2.0

Die WCAG und die BITV 2.0 sind zentrale Richtlinien und Verordnungen, die die Barrierefreiheit von Webinhalten regeln. Sie spielen eine entscheidende Rolle für die Inklusion und Beteiligung aller Menschen an der digitalen Welt.

Die WCAG wurden vom World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt und bieten einen umfassenden international anerkannten Rahmen für die Gestaltung barrierefreier Webseiten. Die WCAG beruhen auf den folgenden vier Prinzipien:

  • Wahrnehmbarkeit: Die Inhalte müssen so dargestellt werden, dass sie von allen Nutzenden wahrgenommen werden können, wie die Bereitstellung von Untertiteln bei Multimedia-Inhalten.
  • Bedienbarkeit: Benutzende müssen in der Lage sein, die Benutzeroberfläche und Navigation zu bedienen. Ein Beispiel könnte die Möglichkeit zur Steuerung aller Funktionalitäten rein über die Tastatureingabe darstellen.
  • Verständlichkeit: Informationen und die Bedienung der Benutzeroberfläche müssen verständlich sein. So sollten Textinhalte beispielsweise lesbar und verständlich präsentiert werden.
  • Robustheit: Inhalte müssen robust genug sein, um von einer Vielzahl an Geräten und assistierenden Technologien interpretiert zu werden. Hierzu zählt unter anderem die Kompatibilität mit aktuellen und zukünftigen Endgeräten.

Die BITV 2.0 ist eine Verordnung der deutschen Bundesregierung, die die Barrierefreiheit von Informationstechnik in öffentlichen Einrichtungen regelt. Sie setzt die Anforderungen der WCAG in nationales Recht um und ergänzt sie um spezifische Regelungen für Deutschland. Die BITV 2.0 verpflichtet öffentliche Stellen, ihre Webseiten und mobilen Anwendungen barrierefrei zu gestalten und regelmäßig auf Barrierefreiheit zu überprüfen.

Warum sind barrierefreie Webseiten wichtig?

Barrierefreiheit im Web ist sowohl eine ethische als auch eine rechtliche Verpflichtung. Ab 2025 müssen in der Europäischen Union alle öffentlichen Webseiten und mobilen Anwendungen barrierefrei sein. Diese Vorschrift betrifft nicht nur öffentliche Stellen, sondern auch viele private Unternehmen, die Dienstleistungen für die Öffentlichkeit anbieten. Die Einhaltung dieser Vorschriften minimiert das Risiko rechtlicher Konsequenzen und zeigt, dass Unternehmen soziale Verantwortung übernehmen.

Barrierefreie Webseiten verbessern das Nutzererlebnis, indem durch klare Strukturen, verständliche Inhalte und technische Anpassungen die Nutzung der Webseite für alle Menschen erleichtert wird. Dies führt zu einer höheren Zufriedenheit, längerer Verweildauer auf Ihrer Webseite und einer Steigerung des Webseiten-Traffics.

Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die Verbesserung der Suchmaschinenoptimierung (SEO). Suchmaschinen wie Google bevorzugen barrierefreie Webseiten, da sie leichter zugänglich und benutzerfreundlicher sind. Dies kann zu einer besseren Sichtbarkeit und einem höheren Ranking in den Suchergebnissen führen. Barrierefreiheit zeigt, dass Unternehmen inklusiv sind und alle Menschen, unabhängig von ihren Fähigkeiten, einbezieht. Sie ist ein Zeichen für Wertschätzung, indem allen Nutzergruppen den bestmöglichen Zugang zu Inhalten und Diensten und Menschen mit Behinderungen die volle Teilhabe am digitalen Leben ermöglicht werden.

Welche Webseiten müssen ab 2025 barrierefrei sein?

Ab 2025 müssen alle öffentlichen Webseiten und mobilen Anwendungen in der Europäischen Union barrierefrei sein. Dazu gehören Behörden, Bildungseinrichtungen und viele private Unternehmen, die Dienstleistungen für die Öffentlichkeit anbieten. Auch private Unternehmen, die von öffentlicher Hand finanziert werden oder deren Dienstleistungen für eine breite Öffentlichkeit zugänglich sein müssen, sind betroffen. Dazu gehören beispielsweise Krankenhäuser, Verkehrsbetriebe oder Bildungseinrichtungen. Es ist daher ratsam, sich frühzeitig auf die kommenden gesetzlichen Anforderungen vorzubereiten, um mögliche rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Wie sieht eine barrierefreie Webseite konkret aus?

Eine barrierefreie Webseite zeichnet sich durch eine klare Navigation, verständliche Inhalte und technische Anpassungen aus. Beispiele hierfür sind:

  • Alt-Texte für Bilder: Diese beschreiben den Inhalt von Bildern und sind für Menschen mit Sehbehinderungen, die Screenreader verwenden, unerlässlich.
  • Untertitel für Videos: Sie helfen Menschen mit Hörbehinderungen, den Inhalt von Videos zu verstehen.
  • Klare Struktur und Layout: Eine gut strukturierte Webseite mit klaren Überschriften und Absätzen erleichtert die Navigation und das Verständnis.
  • Tastaturbedienbarkeit: Alle Funktionen der Webseite sollten auch über die Tastatur erreichbar sein, um Menschen mit motorischen Einschränkungen zu unterstützen

Eine Webseite, die diese und weitere Kriterien erfüllt, stellt sicher, dass alle Nutzer, unabhängig von ihren individuellen Einschränkungen, die Inhalte und Funktionen vollständig nutzen können. Dies trägt nicht nur zur Inklusion bei, sondern verbessert auch die allgemeine Nutzerfreundlichkeit.

Schritte zur Barrierefreiheit

Barrierefreies Webdesign kann durch die Umsetzung von Best Practices und Standards erreicht werden. Nachfolgende Schritte haben sich in der Vergangenheit hierbei bewährt:

  • Analyse und Planung: Zunächst muss mit einer umfassenden Analyse der aktuellen Webseite begonnen und nicht barrierefreie Bereiche identifiziert werden. Für die erste Überprüfung eignen sich externe Prüfstellen, welche eine Website hinsichtlich ihrer Konformität mit den Vorgaben prüft.
  • Maßnahmenplan: Basierend auf der Analyse wird ein Maßnahmenplan zur Behebung der festgestellten Mängel erstellt. Dieser Plan enthält eine Aufwandsschätzung für die Umsetzung aller notwendigen Änderungen und Anpassungen, die zur Erfüllung der Standards für Barrierefreiheit erforderlich sind.
  • Umsetzung: Damit eine Website als barrierefrei zertifiziert werden kann, werden die notwendigen Änderungen gemäß den WCAG-Richtlinien umgesetzt. Dies umfasst unter anderem die technische Anpassung der Website an die definierten Barrierefreiheitsstandards, die Integration barrierefreier Inhalte und Funktionen sowie die Sicherstellung, dass alle interaktiven Elemente zugänglich und bedienbar sind.
  • Zertifizierung: Die unabhängige Prüfung durch eine externe Prüfstelle stellt sicher, dass eine Webseite alle geforderten Standards erfüllt. Nach erfolgreicher Prüfung wird ein Zertifikat, das die Barrierefreiheit Ihrer Webseite bestätigt, ausgestellt.

Wir unterstützen Sie mit unserem Experten-Team gerne bei diesem Prozess und überführen Ihre Bestandslösungen in ein barrierefreies Design. Überzeugen Sie sich selbst anhand unserer Referenzen wie unter anderem der BSFZ-Webseite der Bescheinigungsstelle Forschungszulage.

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Fazit

Barrierefreie Webseiten werden und sind bereits ein wesentlicher Bestandteil der modernen Webentwicklung. Sie fördern die Inklusion, verbessern die Nutzererfahrung und erfüllen gesetzlichen Anforderungen. Durch die Umsetzung der richtigen Maßnahmen können Sie sicherstellen, dass Ihre Webseite für alle User zugänglich ist. Zentrale Standards sind hierbei die WCAG und BITV 2.0. Zur Umsetzung dieser Richtlinien empfiehlt sich eine Erstanalyse der bestehenden Webseite durch eine externe Prüfstelle sowie eine Zertifizierung nach Umsetzung der Barrierefreiheit. Wir stehen Ihnen gerne mit unserer Expertise und Erfahrung zur Seite, um Ihre Webseite barrierefrei zu gestalten und erfolgreich zertifizieren zu lassen.

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